„Katja, wieso sprichst du eigentlich nur Frauen an?“ Seit Beginn meiner Selbständigkeit wurde mir oft die Frage gestellt, wieso ich mit meinem Coaching Frauen adressiere. In diesem kurzen Beitrag erfährst du, was es damit auf sich hat, weshalb ich zwischenzeitlich diesen Fokus zurücknahm und was das alles mit der Freiheit der Selbständigkeit zu tun hat.
Neulich hatte ich die Künstlerin Annika Juds im Interview zu Gast. Wir sprachen über ihren beruflichen Weg und dabei kam das Thema auf, wieso sie sich als Female Empowerment Artist mit ihrer Kunst explizit an Frauen richtet. Ihre Antwort darauf war simpel: Es ist eine Entscheidung FÜR Frauen und keine GEGEN Männer.
Diese Antwort hat noch länger in meinem Kopf gearbeitet und mir ist bewusst geworden, dass das auch für mich gilt. Schon zu Beginn meiner Selbständigkeit hat es sich abgezeichnet: Ich arbeite am liebsten mit Frauen zusammen. Das war ganz intuitiv, ein Gefühl und hatte damit zu tun, dass ich mich sehr gut in die Herausforderungen von Frauen hineinversetzen kann.
Und dennoch wurde ich aufgrund der Rückfragen, die immer wieder kamen, zunehmend unsicher.
Gab es diese Präferenz schon immer?
Als ich in meiner Festanstellung noch Teamleiterin war, bestand mein Team nur aus Frauen. Das war keine vorsätzliche Entwicklung. Es hat sich so ergeben und wenn ich eine Stelle neu zu besetzen hatte, kamen auch primär Bewerbungen von Frauen.
Ich habe ebenso schon in Teams mit nur Männern gearbeitet. Ich hatte schon männliche Chefs. Und weibliche. Ich habe in gemischten Teams gearbeitet. Hat alles super geklappt – ob ich mich mit jemandem gut verstehe, hing noch nie vom Geschlecht ab. Es war nie ein großes Thema.
In meiner Selbständigkeit dann aber schon, denn wenn du ein Businesskonzept erarbeitest, solltest du eine sehr wesentliche Frage beantworten: Mit wem möchte ich gerne arbeiten? Wen spreche ich mit meiner Leistung an und wer braucht sie? Für mich war superschnell klar, dass meine skizzierte Wunschkundin eine Frau war.
Gerade durch die Erfahrung meiner eigenen beruflichen Neuorientierung und die Begleitung von Frauen als Führungskraft kenne ich ihre Herausforderungen sehr gut. Ich habe es oft erlebt, dass gerade Frauen im beruflichen Umfeld sehr leistungsbereit, aber häufig „zu lieb“ sind. Es fällt ihnen schwer, sich zu behaupten, da ihnen Harmonie sehr wichtig ist.
Alleine dieses Thema ist häufig etwas, an dem ich mit meinen Kundinnen arbeite. Es geht dabei nicht darum, dass sie als Ergebnis zu rücksichtslosen "Ellebogenkämpferinnen" werden. Vielmehr arbeiten wir daran, dass sie im neuen beruflichen Umfeld diesen Charakterzug als Stärke ausspielen können, ohne unter den Herausforderungen zu leiden, die das Thema auch mit sich bringt.
Und klar: Auch Männer haben dieses Thema. Diejenigen, die ich bisher als Coach begleiten durfte, hatten ebenfalls diese Tendenzen.
Die Angst, jemanden auszuschließen
Nun startete ich also mit der Positionierung mit Fokus auf Frauen in meine Selbständigkeit. Aber es kam zunehmend von unterschiedlichen Personen die Frage: Wieso sprichst du eigentlich keine Männer an, sie können doch dieselben Themen haben? Das stimmt.
Ich war verunsichert und dachte mir: Ja, wieso eigentlich nicht? Vielleicht ist das ein Zeichen, dass ich das ändern sollte. Ich änderte alles in meiner Kommunikation von „Frauen“ in „Menschen“. Fing an zu gendern.
Aber ganz ehrlich: So richtig wohl habe ich mich damit nicht gefühlt. Es war irgendwie komisch. Und das Interessante ist: Es machte keinen Unterschied. Es kamen trotzdem primär Frauen als Kundinnen zu mir und immer mal wieder war ein Mann dabei.
In meinem Kopf ging es immer wieder hin und her. Mal Frauen, mal Menschen. Mit dem Resultat, dass meine Kommunikation immer verwaschener wurde. Das ist in der Selbständigkeit nicht gerade von Vorteil.
Spätestens das Gespräch mit Annika hat mich also wieder wachgerüttelt und mir wurde klar, dass ich in selbst unbewusst in das typische Muster gefallen bin: Ich wollte niemanden ausschließen und nicht anecken. Für jede:n da sein. Eben die Harmonie wahren. 😉
Es war eine Angst, die mich hat vom Weg abkommen lassen. Die Angst, auf Unverständnis zu treffen oder Menschen vor den Kopf zu stoßen. Der Wunsch, es allen recht zu machen. Es ist ganz typisch, dass solche Ängste und Gedanken hochkommen, wenn du eine Entscheidung triffst, die dir entspricht, aber eben auch polarisieren kann.
Wichtig ist, dieses Muster rechtzeitig zu erkennen. Denn je klarer du selbst bist, desto mehr fühlen sich auch die Menschen angesprochen, mit denen du arbeiten möchtest. Es ist wichtig, dass die Positionierung nicht nur vom Kopf her, sondern auch vom Herzen her stimmig ist. Und das gilt nicht nur für die Selbständigkeit, sondern grundsätzlich, denn es schafft Orientierung: für dich und auch für andere.
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Mir ist also klar geworden: Da hat mein innerer Antreiber „Sei gefällig“ voll reingekickt.
Und den nehme ich liebevoll an die Hand, aber ich überlasse ihm nicht die Führung.
Und ich bleibe beim Karrierecoaching für Frauen. Wie es Annika so schön gesagt hat, ist es eine Entscheidung FÜR Frauen. Und nicht GEGEN Männer.
Gerade in der Selbständigkeit sind solche Entscheidungen wichtig, um das volle Potenzial so leben zu können, wie man es möchte – und damit auch wirksam zu sein. Gleichzeitig gehören diese inneren Konflikte zum Prozess. Gerade zu Beginn, wenn man seinen Weg bzw. Platz erst finden darf, ist dieses Hin und Her ganz normal.
Wenn du dich vielleicht in diesem Thema wiedererkennst, möchte ich dich ermutigen, diese Schritte als Geschenk zu sehen: Jedes Mal, wenn du eine Abbiegung nimmst und merkst, dass es sich irgendwie komisch anfühlt, hast du eine wichtige, neue Erkenntnis gesammelt, die dich deinem wahren Selbst und deinem Weg näher bringt.
Gerade die Selbständigkeit bedeutet inneres Wachstum und in den meisten Fällen auch eine Reise zu sich selbst. Es ist ein Hinterfragen vieler Überzeugungen und ein Loslassen von „Das muss man so machen“.
Glaub mir: Davon gibt es mehr in deinem Kopf, als dir lieb ist – deshalb ist es so unheimlich wertvoll, einen Coach an seiner Seite zu haben, der dabei hilft, diese inneren Konflikte in Geschenke umzuwandeln. Lass uns gerne sprechen, wenn du mehr Klarheit suchst.
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